Festlegung der Trennfrequenz
Bei Mehrwegelautsprechern steht man häufig vor der Frage, welche Trennfrequenz optimal eingestellt werden sollte. Dieses Thema ist überhaupt nicht profan, sondern erfordert eine ganze Reihe von Überlegungen. Häufig kann man sich mit Herstellerangaben oder Tests aus den Fachzeitschriften helfen. Andererseits ist es nicht unschädlich eigene Überlegungen einzubeziehen. Dazu sollten wir grundsätzlich zwischen Hochpass und Tiefpass trennen. Der Bandpass unterliegt keiner extra Betrachtung, da ein Bandpass wiederum aus Hoch- und Tiefpass besteht.
Tiefpass
Betrachten wir zu erst den Tiefpass. Dazu den Frequenzgang des Tiefmitteltonchassis MW16P-4 im Gehäuse.
Der Frequenzgang ist bis 4 kHz linear und darüber beginnen die Membranresonanzen. Es ist zwar möglich, aber nicht sinnvoll das Chassis im Bereich der Membranresonanzen zu betreiben, folglich legen wir die obere Grenze so fest.
Der Hügel im Bereich um 1000 Hz ist bei dieser Betrachtung nicht von belang. Es handelt sich hierbei um den Baffle Step, der durch die Gehäusemaße bestimmt wird. Mit einem Saugkreis erfolgt die Korrektur.
Zweites Betrachtungsfeld ist die Impedanz.
Eine Frequenzweiche kann nur richtig funktionieren, wenn im Arbeitsbereich ein linearer Impedanzgang vorliegt. Eigentlich ist die Funktion der Weiche einem Spannungsteiler gleich gestellt. Die Funktion ändert sich mit der Frequenz, also beim Tiefpass Minus 6, 12 oder mehr dB/Oktave mit steigender Frequenz. Ändert sich die Impedanz im Bereich der Trennung haben wir einen weiteren nicht unerheblichen Einflussfaktor.
Dazu ein Beispiel, welches bei passiven Subwoofern auftreten kann. Der Einfachheit halber nutzen wir das Beispiel des MW16P-4.
Die Trennfrequenz beträgt 500 Hz und der Tiefpass zeigt einen linearen Abfall, währenddessen die Impedanz des Systems unbeeinflusst bleibt.
Im nächsten Beispiel trennen wir bei 100 Hz, also bei einer Frequenz bei der die Impedanz in einer fallenden Kurve liegt.
Oh je, der Frequenzgang zeigt eine Spitze und der Impedanzgang geht bis auf 1 Ohm runter, tödlich für viele übliche Verstärker.
Wer unbedingt so tief trennen will, der muss eine Impedanzlinearisierung mittels RCL-Glied vornehmen. Dabei ist die Impedanzspitze mit der höheren Frequenz (hier rechts) zu nivellieren.
Hochpass
Gehen wir einfach mal davon aus, dass ein Hochtonchassis über einen Hochpass getrennt wird, in unserem Fall ist es der AMTU60W1.1-C. Als erstes schauen wir uns wieder den Frequenzgang an.
Nun, die Senke bei 3 kHz möchten wir nicht im hörbaren Frequenzspectrum haben. Der Hersteller nennt zwar einen Frequenzbereich von 2,5 kHz bis 34 kHz, allerdings kann die Langzeitleistung erst ab 3500 Hz bei 12 dB/Okt. abgefordert werden. Wir rechnen mal mit einer möglichen Trennung ab 3 kHz.
Der Impedanzschrieb ist bei allen AMT beinahe linear, also auch in unserem Fall.
Damit bildet die Impedanz kein Ausschlußkriterium.
Bei Kalottenhochtönern sieht es etwas anders aus und deshalb gilt hier die Faustformel:
"Untere Trennfrequenz größer als doppelte Resonanzfrequenz."
Insbesondere bei den Hochtönern ist noch ein dritter Partner im Bunde, nämlich der Klirrfaktor.
Sehr wichtig sind die ungraden Klirrkomponenten, also K3 und K5. Diese sind deutlich unangenehm hörbar, während der K2 und K4 als harmonische Oberwellen (also doppelte oder vierfache Frequenz) zwar verzerren, aber nicht unangenehm klingen.
Ein Wert über 1% ist im empfindlichen Bereich des Gehörs bereits hörbar, für saubren Klang strebt man Werte unter 0,5% zwischen 1000 Hz und 4000 Hz an.
Die beiliegende Abbildung entstammt den Herstellerangaben und zeigt, dass unter 2 kHz die Verzerrungen stark ansteigen. Damit nähern wir uns einer optimalen Trennung bei 3 kHz.
Quelle: Mundorf
Abstrahlung unter Winkeln
Hier taucht der Begriff Bündelung auf. Mit dem Begriff Bündelung wird das Abstrahlverhalten eines Lautsprechers unter Winkeln charakterisiert. Mit zunehmender Frequenz strahlt der Lautsprecher, ähnlich einer Taschenlampe, axial mehr Energie als seitlich in den Raum ab. Dieses Verhalten ist von mehreren Einflussfaktoren abhängig, bei Konuslautsprechern ist der Membranumfang der entscheidende Faktor.
Ein Lautsprecher beginnt zu bündeln wenn die Wellenlänge der abgestrahlten Frequenz kleiner wird, als der Umfang der schallabstrahlenden Fläche. Im Winkelfrequenzgang wird die Bündelung erst bei höheren Frequenzen deutlich sichtbar.
Natürlich bündeln nicht nur Konuslautsprecher. Anbei das Bündelungsverhalten des Mundorf AMTU60W1.1-C. Deutlich wird das Bündeln ab ca. 5 kHz, unterhalb von 5 kHz strahlt der AMT sehr breit ab, man sieht unter Winkeln kaum eine Verringerung des Schalldrucks.
Quelle: Mundorf
Ein ganz ähnliches Verhalten zeigen zeigt sich an einem 7 1/2 Zoll Konuslautsprecher, dem MW19P-4. Die Bündelung ist bei 3 kHz schon recht extrem und hier deutlich zu sehen.
Nun bleiben wir bei unserem Beispiel MW16P-4 und AMTU60W1.1-C und trennen bei 5 kHz.
Es zeigt sich das zu erwartende Ergebnis. Der AMTU60 strahlt bei 5 kHz sehr breit ab während der MW16P-4 bereits stark bündelt. In der Nähe der Trennfrequenz erhalten wir eine Einschnürung des Abstrahlverhaltens.
Jetzt trennen wir mal bei 3 kHz.
Das Abstrahlverhalten hat sich deutlich verbessert. Nun könnte man denken das stört Niemanden solange man sich im Stereodreieck befindet. Dem ist aber nicht so, da ein großer Teil der Schallenergie als Reflexschall vom Gehör wahrgenommen wird und der Reflexschall hat halt diesen Einbruch.
Bei Zweiwegesystemen wird das Abstrahlverhalten mehr oder weniger an der Trennfrequenz unstetig sein. Dies zu verringern ist der große Vorteil von 3 Wege Boxen.