Lautsprecherselbstbau Berlin

 

Frequenzweichenbauteile

Vielleicht mal einige Grundsätze zu dieser Betrachtung:

  • Es gibt keine guten und schlechten Bauteile, sondern alles wurde für einen bestimmten Zweck konstruiert und hergestellt.
  • Wir betrachten hier ausschließlich die Bauteile, die im Home HiFi Bereich Anwendung finden. Für den Beschallungsbereich (PA) werden im allgemeinen andere Kriterien gesetzt.
  • Ein wichtiger Aspekt ist die Anordnung der Bauteile auf einer Leiterplatte und dieser sollte nicht unterbewertet werden.
  • Genauso ist die Bauteiltoleranz zu betrachten, hohe Toleranzen können deutliche Klangverschlechterungen zur Folge haben.
  • Über allen Bewertungen gilt "Nur so genau wie nötig und nicht so genau wie möglich"
  • Ein nicht unerheblicher Fakt ist die Größe des Bauteils. Sollte ein Bauteil nicht auf den vorgesehenen Platz auf der Leiterplatte montierbar sein, dann gestaltet sich eine nachträgliche Fehlersuche zur Tortur.
  • Beim fertig verleimten Gehäuse kann die Frequenzweiche nur noch über den Ausschnitt des Basschassis eingebracht werden. Deshalb kontrolliere man im Vorfeld, ob die bestückte Leiterplatte auch eingebracht werden kann.
  • Kalte Lötstellen treten häufiger auf, als man vermutet. Zur Feststellung der richtigen Funktion der Frequenzweiche führt man sehr einfach eine Impedanzmessung durch. Läuft der Impedanzschrieb beim Hochton z.B. nach oben, dann liegt ein Schaltungsfehler oder eine Unterbrechung im Hochtonbereich vor. 

Und nun kommen wir zu den Bauteilen:

Kondensator

3 Kondensatoren der Mundorf EVO Serie. Diese haben eine verhältnismäßig geringe Breite und sind im Durchmesser größer als üblich.
Mit dieser Maßnahme hat es Mundorf geschafft die Serieninduktivität des Kondensators klein zu halten und somit die Verluste zu minimieren.



Um die Qualität richtig zu beurteilen, benötigen wir ein Ersatzschaltbild. Jeder Kondensator ist verlustbehaftet und diese Verluste gilt es zu bewerten. (Quelle: Wikipedia)
C ist die Kapazität des Bauteils,
Risol der Isolationswiderstand des Dielektrikums,
ESR ist der ohmsche Widerstand des Wickels und der Anschlüsse und ESL ist die Induktivität, die durch Wickel und Zuleitung verursacht wird.


Zum Vergleich der Bauarten findet man in einigen Quellen auch die Angabe des Verlustfaktors.
"Der Verlustfaktor d oder DF (dissipation factor) ist das Verhältnis des ESR zum kapazitiven Blindwiderstand." (Quelle Elektroniktutor; Der Kondensator als elektrische Kapazität)
Es sei bemerkt, dass die Verlustleistung, also die Leistung, die in Wärme umgewandelt wird, mit Hilfe des Verlustfaktors berechnet werden kann. Eine Beispielrechnung zeigt, ein 10uF Elko hat bei 10 kHz und 10 Volt ca. 0,6 Watt Verluste, während ein hochwertiger Kondensator unter gleichen Bedingungen 0,01 Watt Verluste aufweist.

Elko bipolar, glatt, Aufdruck: Plain,
Verlustfaktor ca. 0,1 bei 1kHz,
Toleranz bis zu 10%,
niedriger Preis, Baugröße eher klein, Alterung,
Anwendung: Tiefpass, RCL Beschaltung,
wird nicht mehr hergestellt.

Elko bipolar, rauh, Aufdruck RAW,
Verlustfaktor ca. 0,1 bei 1 kHz,
Toleranz bis zu 10%, Mundorf 5%,
niedriger Preis, Baugröße klein, Alterung,
Anwendung: Tiefpass, RCL Beschaltung.

MKT,  Polyesterfolie,
Verlustfaktor ca. 0,005 bei 1 kHz,
Toleranz 5%, niedriger bis mittlerer Preis
Anwendung: Mittelton

MCap classic, MKP Polypropylenfolie,
Verlustfaktor ca. 0,0003 bei 1 kHz,
Toleranz bis zu 5%, mittlerer Preis,
Anwendung: Mittel- und Hochtonbereich.

 Q4, 400 V MKP Kondensator von Intertechnik,
Verlustfaktor ca. 0,0005 bei 1 kHz,
Toleranz 5%, mittlerer Preis, mittlere Größe
Anwendung: universell einsetzbar


Mundorf EVO, Herstellung nach "EVOLUTION-Technologie"
Verlustfaktor ca. 0,0002,
Toleranz bis zu 3%, höherer Preis,
geringer serienwiderstand durch breite Kontaktflächen,
in verschiedenen Ausführungen z.B. Öl, Silber-Gold-Öl
Anwendung: Serienkondensator Hochpass hochwertige Lautsprecher.

Mundorf Supreme,
Verlustfaktor ca. 0,0002,
Toleranz 2%, hoher Preis
Anwendung: im High End Bereich, insbesondere Mittel- und Hochton.

Jantzen z_Cap
Verlustfaktor ca. 0,0002,
Toleranz +/- 1%, induktionsarm,
ebenso in den Ausführungen Silber und Silber-Gold,
Anwendung: im High End Bereich.


Fehler bei der Anwendung, die vermieden werden sollten:

  1. Egal, ob eine vorgefertigte Leiterplatte oder anderes Basismaterial für den Aufbau verwendet wird, die Schaltung sollte übersichtlich sein.
  2. Im Tieftonbereich oder bei der Impedanzlinearisierung können durchaus Elkos verwendet werden, das ist kostengünstig. Den Mundorf EVO Oil mit 330 uF könnte man auch im Tiefpass einsetzen, der Kondensator kostet 208,-€ ist ist dort fehl am Platz.
  3. Hochwertige Kondensatoren verwendet man im Hochtonbereich.
  4.  Die Größe der Kondensatoren sollte man nicht außer Acht lassen. Der Kondensator muss auf den Platz auf der Leiterplatte passen.

Spulen

Spulen und Kondensatoren sind unverzichtbare Bauteile der Frequenzweichen. Maßgeblich ist ihre Eigenschaft den Widerstand mit der Frequenz zu ändern.
Für den Einsatz sind Luftspulen prinzipiell am besten geeignet, da diese keine Magnetisierungsverluste aufweisen. Um die Verluste zu beurteilen, nehmen wir uns wieder das Ersatzschaltbild vor (Quelle: Wikipedia)

L ist die Induktivität;
RCu ist der Kupferwiderstand der Spule,
RFe ist der Kernwiderstand, der bei einer Luftspule entfällt, der Kernwiderstand zeigt die Verluste durch Hysterese und Wirbelstrom auf,
hier nicht definiert kommt noch die Sättigung des Kernmaterials hinzu, wenn die magnetische Wirkung des Kerns nachlässt,
Cp zeigt die Kapazität der nebeneinander liegenden Windungen auf.

Ein weiterer Fakt lässt sich hier nicht darstellen, es ist der Mikrofonie-Effekt. Um die Spulendrähte bildet sich ein Magnetfeld, welches durch An- und Abstossung eine Bewegung der Drähte bewirkt. Dies führt gleichzeitig zu einer Induktion und die so induzierte Spannung wird dem Signal zugefügt.


Luftspule
Die Luftspule hat die geringsten Verluste. Nachteilig ist die Größe und der verhältnismäßig hohe Preis.
Anwendung:
Cul 1,4 mm - In Serienschaltung bei Mittel- und Tieftönern;
Cul 0,71 mm - Parallelschaltung bei Mittel- und Hochtönern.
Hier lautet der Grundsatz, dass im Tieftonbereich der Wert Re (Gleichstromwiderstand der Spule) 10% der Lautsprecherimpedanz nicht überschreiten sollte. Beispiel 8 Ohm Impedanz, Re kleiner als 0,8 Ohm.

Kernspule (auf dem Bild H-Kern)
Cul 1,0 mm oder 1,4 mm in Serie zu Mittel- und Hochtönern wenn die Luftspule zu groß ist.
Man beachte allerdings, dass die Flussdichte bis zum Einsatz der Sättigung nicht allzu hoch ist, für sehr tiefe Trennfrequenzen unter 150 Hz ist diese Bauform weniger geeignet.
Cul 0,71 mm Parallel in Mittel und Hochtonweichen sowie RCL Schaltungen.



Folienspule
Verwendung bei sehr hochwertigen Lautsprechern. Der Preis dieser Spulen ist sehr hoch und deshalb sollte sich der Einsatz auf Spulen mit geringer Induktivität im Hochtonbereich beschränken.
Der Vorteil dieser Bauform liegt im niedrigen Re, keinen Magnetisierungsverlusten sowie sehr geringem Mikrofonie-Effekt.

I-Kern-Spule
Zur Serienschaltung in Tieftönern und Subwoofern bestens geeignet. Diese Spule verträgt eine hohe Leistung ohne gleich in die Sättigung zu gehen. Der Wert Re ist niedrig.


Hinweise für die Anwendung:

  1.  Wenn möglich Luftspulen verwenden, da hier keine Magnetisierungsverluste und keine Sättigungseffekte des Kerns auftreten.
  2. Bei Verwendung von Luftspulen ist ein großes magnetisches Streufeld vorhanden. Um die Interaktion mit nebenliegenden Spulen zu vermeiden sind die Mittelachsen der Spulen um 90 Grad gegeneinander zu verdrehen oder es ist ein großer Spulenabstand zu wählen.
  3. Im Tieftonbereich niemals den Gleichspannungswiderstand unbeachtet lassen.
  4. Die Abweichungen in der Fertigungstoleranz sind bei Spulen weniger groß als bei Kondensatoren, Die Toleranzen sollten sich zwischen 2% und 3% bewegen.
  5. Beim Selbstbau ist im Tiefton 1,4 mm Drahtdurchmesser der Spule zu verwenden. Die Parallelspule zum Hochtöner erfordert nur 0,71 mm Drahtdurchmesser.
  6. Um den Mikrofoniefeffekt niedrig zu halten verwendet man häufig verbackene Backlackspulen oder Folienspulen. Backlackspulen sind nur geringfügig teuer als die nicht verbackenen Spulen und deshalb eine Empfehlung.
  7. Die Spulen bitte nur mit unmagnetischen Stoffen befestigen, z.B. Messing, Kabelbinder, Klebstoff o.ä.

Widerstände

Interessanterweise sind die Widerstände genauso klangbeeinflussend wie andere Bauteile der Frequenzweichen. Die sonst üblicherweise in der Elektronik verwendeten Kohleschichtwiderstände sind hier wenig geeignet, da sie eine hohe Induktivität aufweisen.


Sehr häufig in der Anwendung sind die sogenannten Mox-Widerstände (Metalloxidwiderstand).

Aufbau: stabiler Keramikkern, der mit Metalloxid beschichtet ist.
Eigenschaft: induktivitätsarm, belastbar 4 W bis 10 W, strahlt Wärme ab, mittlerer Preis.
Toleranz: 2...5%
Anwendung: Mittel- Hochtonbereich.

Hochlast-Zementwiderstände
Aufbau: keramischer Körper, in dem ein Drahtwickel eingegossen ist.
Eigenschaft: der gewickelte Widerstandsdraht besitzt eine unerwünscht hohe Restinduktivität, belastbar bis zu 25 W, mittlerer Preis.
Toleranz: 5%
Anwendung: bei höherer Leistungsanforderung, nicht im Hochton.


 Mundorf Supreme
Aufbau: bifilar gewickelt auf einem feuerfesten Zementkörper.
Eigenschaft: der harte Körper und die kompakte Bauform eliminieren Mikrofonieeffekte weitgehend, der Bifilarwickel, extrem geringe Restinduktivität (75 uH), sehr geringer Temperaturkoeffizient, relativ teuer.
Toleranz: 2%
Anwendung: High-End-Frequenzweichen.

Mundorf Classic
Die Eigenschaften entsprechen denen vom Supreme, bis auf die bifilare Wicklung. In der Qualität liegt der Mundorf Classic zwischen dem Mox und dem Supreme Widerstand. Mittlerer Preis.



MResist Ultra
Aufbau: Widerstandsmaterial ist eine Kupfer-Manganin-Folie.
Eigenschaft: bedingt durch die weiche Folie werden Mikrofonieeigenschaften völlig vermieden, die Restinduktivität ist vernachlässigbar gering, das sogenannte Widerstandsrauschen liegt bei einem Minimum, hoher Preis.
Toleranz: 1%
Anwendung: High-End-Frequenzweichen


Hinweise für die Anwendung:

  1. Widerstände sind klangbeeinflussend. Für die häufigsten Anwendungen sind jedoch MOX-Widerstände ausreichend.
  2. Nicht ganz unwichtig ist der Temperaturkoeffizient der Widerstände, mit der Erwärmung durch den Betrieb ändert sich der Widerstandswert.
  3. Für Präzisionsanwendungen sollten Widerstände eingebrannt werden, da der Widerstandswert zeitlichen Veränderungen unterliegt - Auswahl von Widerständen für Audioanwendungen.
  4. Widerstände können Mikrofonie, Verzerrungen und Rauschen verursachen. Mit höherer Qualität sinkt der Anteil dieser Störungen.
  5. Besonders im Hochtonbereich ist die Restinduktivität von Bedeutung und sollte niedrig gehalten werden.
  6. Die Belastung ist bei Widerständen richtig einzuschätzen. Ist man unsicher sollte besser ein etwas größerer Wert angestrebt werden.

Zusammenfassung
Über die Anwendung verschiedener Typen von Spulen oder Kondensatoren gibt es immer wieder heiße Diskussionen. Viele Diskussionsteilnehmer haben von irgendwelchen genialen Konstrukteuren gehört, man solle keine Elektrolytkondensatoren verwenden, der nächste pocht auf Kernspulen, usw.
In einem Artikel des Audioholic Magazins werden Fakten dazu dargelegt und die Vor-, bzw. Nachteile unterschiedlicher Bauarten verständlich erklärt: Crossover-Spulen und -Kondensatoren



Leiterplatten




Sehr gut zum Experimentieren geeignet sind die Leiterplatten mit Positionsdruck der Firma Intertechnik.




Etwas preisgünstiger dagegen sind die sogenannten Lochrasterplatten, bei denen man das Layout selbst festlegen muss.

Unbedingt abzuraten sind brennbare Materialien als Leiterplattengrundlage. Immer wieder findet man verbrannte Widerstände auf den Frequenzweichen, die dann sehr schnell die Leiterplatte entzünden können.
So etwas passiert selbst dann, wenn der Widerstand richtig bemessen ist. Ein Verstärker, der ins Clipping gerät, ein Verstärker, der infolge eines nicht erkennbaren Defekts eine Gleichspannung mit dem Signal ausgibt oder einfach nur eine simple Überlastung, da Sohnemann mal heimlich eine Dico veranstaltet hat. Alles Ursachen, die nicht so ohne weiteres erkannt werden können und entsprechende Folgen nach sich ziehen.


Zur Anordnung von Spulen auf einer Leiterplatte gibt es eine verständliche Erklärung: Grundlagen zum Übersprechen von Induktionsspulen