Lautsprecherselbstbau Berlin

 

Kondensatorklang

Das Thema "Kondensatorklang" wird immer wieder extrem diskutiert. Es werden Eigenschaften im Hörvergleich folgendermaßen beschrieben: natürlicher, glatter, freier und offener Klang, große Klangbühne, extrem reaktionsschnell, Klangbild etwas wärmer, Klangbild etwas dunkler, usw. Dies alles können unsere Goldohren deutlich voneinander unterscheiden. Welch übersinnliche Kraft steckt dahinter?
Wir haben ebenfalls getestet und konnten diese Unterschiede nicht wahrnehmen.


Wie sind wir nun vor gegangen?
Uns interessierte nur der Hochtonbereich, da der Einfluß der Kondensatoren hier  deutlich auffällt. Damit das Hochtonchassis nicht selbst den Vergleich beeinflusst, kommt ein Satori Beryllium Hochtöner zur Anwendung. Bedingt durch das Kurzhorn ist der Frequenzgang auf Achse zwar nicht ganz linear, bei einem Vergleich spielt das jedoch keine Rolle.
Augenscheinlich ist bei diesem Lautsprecher der Tiefmitteltöner etwas zu klein geraten, das stört ebenfalls nicht, da sich unsere Untersuchung auf das Hochtonchassis bezieht.

Die Trennfrequenz liegt bei 3800 Hz und die obere Grenzfrequenz bei 30 kHz, genau richtig für unseren Kondensatortest.



Auf der Gehäuserückseite ist die Frequenzweiche frei gelegt. Es ist deutlich zu erkennen, dass auch im Tieftonbereich hochwertige Bauteile verwendet wurden. Eine Folienspule in Serienschaltung zum Tiefmitteltonchassis und Backlackspulen in Parallelschaltung zu den Chassis.
An den Polklemmen links oben wird ein auswechselbarer Serienkondensator mit 3,9 uF für den Hochtöner befestigt. Hierzu liegt ein ganzes Bündel von Kondensatoren bereit.

Angefangen vom Elko über einen Silber/Gold Ölkondensator ist alles vertreten.
Beim subjektiven Abhören mit ein und dem gleichen Musikstück in immer gleicher Länge konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Aus unserer Sicht zeigt das allerdings nicht, dass keine Unterschiede vorhanden sind.



Für ein objektives Urteil müssen zuerst einmal Differenzen aufgezeigt werden und hierbei sollte uns die Messtechnik helfen. Als erstes schauen wir den Frequenzgang an (die starke Welligkeit deutet nicht auf einen schlechten Hochtöner hin, sondern ist die Folge der Streckung der dBSPL-Achse):


Die rote Kurve entstand bei einem Elko, die gelbe Kurve bei einem 400V MKP Kondensator und die grüne Kurve bei einem MCap EVO. Zwischen 2,5 kHz und 4,5 kHz zeigen sich die größten Abweichungen. Wieso liegen die Kurven bei 20 kHz wieder auf gleichem Niveau, der Umstand ist erst einmal nicht zu erklären.
Eine Messung der Toleranzen der Kapazität soll Erleuchtung bringen.


Intertechnik Elko - 4,6 uF, Abweichung 18%

Intertechnik Q4   - 3,99 uF, Abweichung 2,3%

Mundorf EVO      - 3,91 uF, Abweichung 0,3%

Aus diesen Werten berechnen wir die Reaktanz (Blindwiderstand). Bei 2000 Hz beträgt die Reaktanz 20 Ohm, währenddessen bei 20000 Hz die Reaktanz 2 Ohm beträgt.  Die damit verbundenen Spannungsabfälle am Kondensator betragen beim 4 Ohm Chassis 33% bei 2000 Hz und 83% bei 20000 Hz. Somit ist leicht zu erklären warum im Mitteltonbereich Toleranzen des Hochton-Serienkondensators einen größeren Einfluss haben.

Es ist eindeutig, die Fertigungstoleranzen bei der Herstellung der Kondensatoren spielen eine große Rolle und sind messtechnisch nachweisbar.
Weitere Eigenschaften sollen jedoch nicht unbeachtet bleiben, dazu gehören:

  • Verlustfaktor,
  • Klirrfaktor,
  • Alterung,
  • Mikrofonie,
  • Temperatureinfluß.


Widmen wir uns zuerst dem Verlustfaktor. Die Einflüsse sehen wir am einfachstem am Ersatzschaltbild, welches wir uns bei Wikipedia ausborgen:

Isolations-, Leckwiderstände und Serienwiderstände spielen bei den Frequenzweichen keine Rolle. Lediglich die Serieninduktivität könnte im Hochtonbereich unsere Wiedergabe verschlechtern.
Die Serieninduktivität der Testkondensatoren haben wir folglich verglichen. Der Kondensator wird mit einem induktionsarmen Widerstand (MRESIST SUPREME) in Reihe geschaltet und die Gesamtimpedanz wird gemessen. Da der Widerstand eine vernachlässigbare Induktivität aufweist, muss das Messergebnis die Unterschiede in der Serieninduktivität aufweisen:


gn - EVO; ge - Q4; bn - Elko; der untere rote Balken zeigt die lineare Impedanz des Widerstandes von 3,3 Ohm.

Genau genommen sind die Unterschiede gering, ob diese Unterschiede jedoch einen Einfluß auf den Klang haben?
Betrachten wir dazu das Zeitverhalten der Wiedergabe. Die Sprungantwort gibt eine Auskunft.
Zur Erinnerung: Die Sprungantwort ist die Antwortfunktion, wenn am Eingang des Systems ein Rechtecksignal angelegt wird.
In unserem Beispiel haben wir den Schallpegel des Hochtöners gemessen und jeweils einen Intertechnik Q4 (rote Kurve) und einen Mundorf EVO (schwarze Kurve) vorgeschaltet. Der EVO zeigt einen etwas lineareren Anstieg, welches auf geringere Verluste hindeutet.


Der Temperatureinfluß wurde ebenfalls untersucht. Die stärksten Abweichungen zeigte hier der Elko, danach folgte der Q4, währenddessen der EVO bei Erwärmung keine messbare Kapazitätsänderung aufwies.

Zur Lebensdauer der Kondensatoren kann keine konkrete Aussage getroffen werden, da diese von der Umgebungstemperatur, des Verlustfaktors und von der angelegten Spannung abhängig ist. Pauschal ist jedoch feststellbar, dass Folienkondensatoren eine bis zu 100 fach größere Lebensdauer als Elkos aufweisen.

Der Einfluß von Mikrofonie und Klirrfaktor konnte messtechnisch nicht nachgewiesen werden.

Fazit
Der Einfluß von Kondensatoren auf den Klang ist gegeben. Allerdings hat die Qualität des Chassis wesentlich höheren Einfluß. Folglich bildet die Auswahl der Kondensatoren sozusagen das i-Tüpfelchen bei der Entwicklung einer Lautsprecherbox.

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