Lautsprecherselbstbau Berlin

 

Entwicklung einer Frequenzweiche

Es gibt unendlich viele Schaltungsvarianten für Frequenzweichen. Anhand von Beispielen zeigen wir das grundsätzliche Vorgehen bei der Entwicklung eines Lautsprechers und der Frequenzweiche. dafür nutzen wir das allseits bekannte Programm "Boxsim" der Fa. Visaton. Da Visaton bereits Boxsim Dateien für ihre Lautsprecher erstellt hat, vereinfacht sich die Arbeit mit dem Programm.
Beginnen wir einfach mit einem guten Breitbandlautsprecherchassis, dem B 100. Das Datenblatt B 100 zeigt uns die wichtigsten Kenngrößen. Der Hersteller empfiehlt eine geschlossene Box mit 5,8 Litern Volumeninhalt oder eine Bassreflexbox mit 11 Litern Volumeninhalt. Unser Beispiel beginnt mit einer geschlossenen Box.
Als Erstes laden wir die Daten (Chassis laden aus Datei) in Boxsim:






Danach wird ein Fehler angezeigt.
Wir haben noch keine Gehäusedaten eingetragen!








Hier erfolgt der Eintrag: geschlossene Box mit dem Volumen 5,8 Liter.









Dann geben wir unsere Gehäusemaße ein.





Es hat noch die Schaltung gefehlt, zuerst ohne Frequenzweichenbauteile.





Und dies ist der Frequenzgang unserer Konstruktion, klanglich noch unvollkommen mit starkem Höhenanstieg, verursacht durch den Baffle Step.
Da schafft ein Sperrkreis Abhilfe. Zur Vereinfachung kann man der Frequenzgang Ebner der Fa. Strassacker nutzen.



Man nimmt die Mittenfrequenz, die breitbandig abgesenkt werden soll und lässt den Wert für LRC berechnen.







Die berechneten Werte werden in die Schaltung eingebaut und die Änderungen werden im Frequenzgang kontrolliert. Ein wenig probieren ist meist erforderlich.




Das sieht schon ganz gut aus. Der Anstieg im Hochton ist nicht tragisch, da dieses Chassis im oberen Frequenzbereich stark bündelt und der Schall außerhalb der Achse deutlich fällt.
Wer es ganz genau machen möchte, der probiert die Optimierungsfunktion unter "Extras".





Als nächstes Beispiel wird eine Frequenzweiche für eine Zweiwegebox entwickelt. Das Hochtonchassis SC 10 N wird mit dem Tiefmitteltonchassis W 170 S kombiniert.
Zwei Dinge müssen vorerst beachtet werden.

  • Lt. Datenblatt ist das SC 10 N ab 2000 Hz mit einem Hochpass 12 dB/ Okt. zu trennen.
  • Das Chassis W 170 S ist in ein 20 Liter geschlossenes Gehäuse einzubauen (die weiteren Möglichkeiten wollen wir für unser Beispiel nicht nutzen).




Wir verwenden wieder Boxsim. Nach dem Laden ist unter dem Reiter "Datei" der Navigationspunkt "Projekteigenschaften" anzuklicken.

Die Anzahl der Chassis ist nunmehr auf 2 zu erhöhen.

Das Laden der Chassis erfolgt dann unter "Chassis & Einbau". Da die Chassisdaten in der Boxsim Datenbank enthalten sind, müssen die Daten nur übernommen werden.




Als nächstes finden wir unter "Extras" den Punkt "Auslegung Standardweichen".




Die Trennung erfolgt lt. Vorgabe des Herstellers bei 2000 Hz.

Unter "Weichen 2. Ordnung" (12 dB/okt.) ist eine Induktivität von 0,9 mH und eine Kapazität von 7 uF angegeben.







Die Frequenzweiche sieht dann so aus.





Allerdings entspricht der Frequenzgang nicht so ganz unseren Vorstellungen.

Der Hochton ist viel zu laut und der Baffle Step zeigt bereits ab 400 Hz einen steilen Anstieg des Frequenzganges.




Zur Korrektur ist der Hilfsrechner "Spannungsteiler "zu nutzen (unter Extras).

Wir rechnen mit einer Absenkung von 6 dB und erhalten die Werte R1 = 2,2 Ohm und R2 = 6,8 Ohm.





So sieht die Weichenschaltung mit Pegelabsenkung aus.






Der Frequenzgang sieht jetzt schon etwas besser aus.

Lediglich der Anstieg ab 400 Hz (der so genannte Baffle Step) passt noch nicht ins Bild.



Dazu erhöhen wir in der Schaltung die Induktivität der Serienspule von 0,9 mH auf 2,2 mH. Dabei bitte immer dran denken, dass die meisten Hersteller ihre Werte nach der E 12 Reihe herstellen. Da wir keine Zwischenwerte bekommen, nutzen wir den nächst liegenden Wert.




Mit ein wenig Experimentieren kommen wir dann auf einen entgültigen Vorschlag. Der Wert Re der Spulen wird eingetragen, nachdem wir eine Spule ausgewählt haben. Vielfach sind die damit verbundenen Änderungen des Frequenzganges gering.


So sieht der vorerst endgültige Frequenzgang aus. Als weitere Arbeit steht die Feinabstimmung nach Gehör an. Sollte der Mittenbereich um 2 kHz zu aufdringlich sein, dann müssten wir mit einem Saugkreis nachbessern. Dieser Punkt wird noch gesondert behandelt.






Im folgenden zeigen wir eine Erweiterung der Weiche auf 18 dB/Okt. mit Spannungsteiler und Saugkreis. Die Flankensteilheit des Hoch- und Tiefpasses erhöht sich und die Überschneidung der Arbeitsbereiche der Chassis verringert sich. In unserem Fall werden die Membranresonanzen des TMT Chassis im Hochtonbereich verringert.


Die Schaltung gestaltet sich ein wenig komplizierter. Insbesondere die beiden Serienspulen vor dem TMT Chassis verlangen einen geringen Gleichstromwiderstand, also eine größere Drahtstärke (allgemein 1,4 Cul).



Hier sieht man den Frequenzgang, der etwas linearer ist. Die chassisbedingten Unregelmäßigketen im Hochton, um 14 kHz, lassen sich damit allerdings auch nicht beseitigen.




 


Fazit

Bei all den Möglichkeiten, die die Gestaltung der Frequenzweiche bietet, hängt der Klang eines Lautsprechers wesentlich von der Qualität der verwendeten Chassis ab. Wer also annimmt ein 20,-€ Chassis wird mit einer komplizierten Weiche einen super tollen Klang erzeugen, der unterliegt dem Glauben der Frequenzgang charakterisiert den Lautsprecher zu 100%.
Fakt ist, ein 20,-€ Chassis ist auch nicht mehr wert als 20,-€. Sprungantwort, Klirrfaktor, Abklingverhalten, mech. Verlustwiderstand, usw. sind wichtige Kenngrößen für einen Lautsprecher, deren Qualität sich im Preis niederschlägt.
Also, übersteigen die Kosten und die Komplexität der Frequenzweiche die der Chassis, dann hat man mit Sicherheit etwas falsch gemacht.

 

Bitte besuchen Sie diese Seite bald wieder. Vielen Dank für ihr Interesse!