Verstärkertest mittels Rechtecksignal
Ein Rechtecksignal eignet sich gut zum Testen von Verstärkern. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass Rechtecksignale in der Natur nicht vorkommen und daher nur bestimmte Eigenschaften einer Audioanlage aufzeigen können.
Direkte Rückschlüsse auf den Klang kann man auf diese Art und Weise nicht ziehen.
Zum Versuchsaufbau:
- Velleman HPG1MK2,
- OWON LCD Speicher-Oszilloskop SDS1022,
- True RMS Multimeter,
- Referenz-Belastungswiderstand 4 Ohm.
Eines ist noch wichtig, es eignet sich nicht jedes Oszi für diesen Test. Aus diesem Grund ist anfangs eine direkte Verbindung des Generators mit dem Oszi erforderlich. Das Bild bei einer Frequenz von 1 kHz sollte so aussehen:
So und nun wird der Verstärker dazwischen geschaltet. Die Belastung erfolgt über einen 4 Ohm 20 Watt induktionsarmen Referenzwiderstand. Am Widerstand wird über den Lautstärkesteller eine Spannung von 2,8 Volt eingestellt, welche einer Belastung von ca. 2 Watt entspricht. Danach wird über einen Widerstandsteiler das Signal reduziert und am Oszi-Eingang für alle Proben in etwa auf gleiche Amplitude eingestellt.
Rotel A11
Ein A/B Verstärker. Am Verstärkerausgang unterscheidet sich das Signal nicht vom Original.
the t.amp
Der Anstieg erfolgt nicht so steil wie beim Rotel. Laut Beschreibung ist der t.amp ein A/B Verstärker. Die Erklärung für die abgerundete Kurvenform liegt vermutlich in den Parametern Anstieg und Fallzeit des Halbleiterbauelements. Im Laufe der Jahre wurde bei der Entwicklung der Halbleiter stets die Verlustleistung optimiert. Grade beim t.amp ist die Verlustleistung prozentual hoch (nach einer Belastung kann man den Kühlkörper kaum noch anfassen).
Pro-Ject DS 2
Im oberen Bild sehen wir wieder die typisch steile Anstiegsgeschwindigkeit eines HiFi Verstärkers. In der Vergrößerung (unten) sieht man die Ursache für den breiten waagerechten Balken. Es ist die PWM Modulation des Class D Verstärkers, die hier in etwa bei 300 kHz liegt.
Sehr schön zu sehen der saubere Einschwingvorgang des Rechtecksignals ohne Überschwingen.
NAD 326
Ein A/B Verstärker. Obwohl der NAD 326Bee schon etwas in die Jahre gekommen ist (Produktinformation von 2009), ist das Rechtecksignal ohne Tadel. Steiler Anstieg und sauberes Ein- und Ausschwingen.
M-CR502
Dieser Class D Verstärker liegt in seiner Entwicklung schon einige Jahre zurück. Wir erkennen typischerweise die Überlagerung der PWM Modulation. Die Modulationsfrequenz kann zwischen 100 kHz und 1 MHz liegen. Dem Bild nach zu urteilen liegt die Frequenz hier eher niedrig, bei hochwertigen Verstärkern eher höher.
Anbei eine nähere Erklärung zur Funktion des Class D Verstärkers
Anhand des Anstieges lässt sich die Bandbreite berechnen. Hierzu folgende Erklärung: Anstiegszeit und Bandbreite
Gegentakt Röhrenverstärker mit 2 x EL 84 pro Kanal
Überschwingen an der Vorderflanke des Signals. Dieses Überschwingen an der ansteigenden und abfallenden Flanke findet man unter Gibbs-Phänomen. Mit Sicherheit handelt es sich hier nicht um ein Messproblem, da dieses ansonsten bei den anderen Messungen unter gleichen Rahmenbedingungen ebenfalls auftreten würde. Kapazitative Kopplungen und Phasenverschiebung durch den Ausgangstrafo sind die Ursache für das Einschwingen.
Wikipedia schreibt dazu folgendes:
"Probleme an der oberen Frequenzgrenze gibt es immer beim Einsatz von Ausgangstransformatoren, die in der Umgebung der Eigenresonanzen für starke Phasenverschiebungen sorgen. Falls der Trafo bei 20 kHz eine Phasenverschiebung von 180° erzeugt (Phasenrand φ = 0°), wird aus der Gegenkopplung eine Mitkopplung und die Schaltung schwingt. Es gibt nur zwei Gegenmittel:
Die Verstärkung wird ausreichend weit vor 20 kHz abgesenkt. Diese Höhenabsenkung ist meist unerwünscht.
Die Gegenkopplung wird so schwach eingestellt, dass sie fast wirkungslos ist."
Thema - Negative Rückkopplung.
EPQ 304
Ein typischer PA-verstärker, der nicht den Bedingungen eines Home-HiFi Verstärkers entspricht. Das ist nicht abwertend, da diese Bauart für andere Zwecke entwickelt wurde.
China Verstärker, WEILIANG Audio
Der Verstärker kostet 287,-€ plus 70,-€ für Zoll und Einfuhrumsatzsteuer. Also schon nicht so ganz billig, aber Stereo Class A zweimal 15 Watt. Zwei Analogeingänge im Gegensatz zu den sonst vielen Eingängen der Verstärker auf dem deutschen Markt, z.B. Phono-Eingang, Digital-Eingang und Bluetooth-Eingang.
Nun zu den weiteren Fakten. Das Ding hat 2 x 15 Watt. An unserer AMT Box2 hat das Ding richtig Dampf gemacht. Bedingt durch Ringkernstromversorgung und eine Unmenge von Siebelkos fehlt da im Bass nichts. Im Vergleich mit anderen Verstärkern war der Klang etwas wärmer.
Das Signal zeigt leichte Überschwinger, wir werden in weiteren Tests sehen wie sich das auf den Frequenzgang und das Klirrverhalten auswirkt.
Zusammenfassung
Die messbaren Unterschiede im Ein- und Ausschwingverhalten eines Rechtecksignales sind nicht zwangsläufig mit einer hörbaren Unterscheidung verknüpft. Die sauberste Wiedergabe des Signals konnte immer beim A/B Transistorverstärker ermittelt werden. Beim Class D Verstärker ist teilweise noch die PWM Modulation wahrnehmbar, obwohl diese nicht hörbar ist. Allerdings kann über das Kabel Hochfrequenz abgestrahlt werden, die Intermodulation mit anderer Technik hervorrufen kann.
Eine umfangreiche Zusammenfassung des Themas kann man unter dem Titel Anstiegsgeschwindigkeit finden.
Um den belehrenden Worten der ganz Schlauen zu entgehen, möchte ich noch folgendes kundtun:
Der obengenannte Test charakterisiert nur eine Eigenschaft eines Verstärkers. Zur Beurteilung gehört noch viel mehr, z.B. Frequenzgang bei unterschiedlicher Last, Übersprechen, THD, Intermodulation, Clipping, Einfluss der Impedanz auf den Frequenzgang, usw.
Aus Zeitgründen kann nicht sofort alles untersucht werden, wir werden jedoch das Thema weiter verfolgen.
Übrigens wurde der Verstärker Rotel A11 von dem in der Szene bekannten Herrn Fink mit entwickelt. Der A11 schneidet im Vergleichstest am besten ab. Ich denke, Herr Fink wird das von uns beschriebene Verhalten ebenfalls berücksichtigt haben, ob das nun den angeblichen Experten passt oder nicht.